Drei extreme Wege, Dein Lampenfieber zu durchbrechen – und warum sie wirken, obwohl Du sie besser nicht nachmachst
Es gibt Ratschläge, die man eigentlich nicht geben sollte. Und dennoch führen genau diese Ratschläge oft zu erstaunlich klaren Erkenntnissen – und manchmal sogar zu tiefen Veränderungen. Wenn Du regelmäßig Vorträge hältst, vor Kund:innen präsentierst oder Dich vor Kamera und Mikrofon wiederfindest, kennst Du dieses Ziehen im Bauch, das Kribbeln in Brust und Händen, den viel zu schnellen Puls: Lampenfieber. Viele kämpfen dagegen an, wenige haben es wirklich im Griff, und fast niemand traut sich, radikale Wege zu denken.
Vor zehn Jahren habe ich einen Fachartikel über genau diese radikalen Ansätze veröffentlicht – ein kleines E-Book, das bis heute kursiert. Darin ging es um fünf bewusst überspitzte, teils absurde, teils überraschend wirksame Methoden gegen Lampenfieber. Zwei dieser fünf extremen Tipps möchte ich heute mit Dir teilen – ergänzt um einen weiteren, der in den letzten Jahren zu einem festen Bestandteil meiner Arbeit geworden ist. Und obwohl ich Dir offiziell rate, diese Tipps nicht nachzumachen, enthalten sie Mechanismen, die Dir helfen können, Lampenfieber grundlegend zu verstehen und zu überwinden.
1. Radikale Ehrlichkeit – ein Tag ohne Maske
Vielleicht denkst Du, Du seist ehrlich. Vielleicht sagst Du sogar oft „Ich sage einfach, was ich denke.“ In Wirklichkeit tust Du das nicht. Kein Mensch tut das – aus gutem Grund. Gesellschaft funktioniert, weil wir filtern. Wir richten uns aus, wägen ab, glätten Kanten, dämpfen Impulse. Genau dieses Filtern führt aber im Kontext von Lampenfieber zu einem entscheidenden Problem: Es erzeugt eine Diskrepanz zwischen Innen und Außen.
Du fühlst Nervosität, willst aber souverän wirken. Innen ist Anspannung, außen lässige Professionalität. Genau dieser Abstand kostet Energie. Und die Angst, dass die Fassade vielleicht doch bröckelt, verstärkt das Lampenfieber.
Wenn Du – theoretisch – einen Tag lang radikal ehrlich wärst, würdest Du diesen Spalt schließen. Es gäbe keine Maske, die fallen könnte. Keine Energie, die Du in Kontrolle investieren müsstest. Keine Angst vor Enttarnung. Das Ergebnis wäre eine überraschende innere Ruhe, die nichts mit Coolness, aber sehr viel mit Kongruenz zu tun hat.
Auch wenn Du diese Methode nicht anwenden solltest, zeigt sie Dir etwas Wichtiges: Je mehr Du im Vortrag „Du selbst“ bist, desto weniger Energie zieht das Lampenfieber aus Dir heraus.
2. Alkoholische Enthemmung – als Denkexperiment, nicht als Empfehlung
Der nächste Tipp ist bewusst provokant: Betrink Dich auf der nächsten Familienfeier richtig. Natürlich solltest Du das nicht tun. Natürlich ist es keine Lösung. Aber gerade deshalb lohnt es sich, die Mechanik dahinter anzuschauen.
Alkohol wirkt – rein physiologisch – hemmungs- und kontrollmindernd. Er schaltet jene Anteile Deines Unterbewusstseins aus, die sonst ständig bewerten, zweifeln, kontrollieren. Es gibt einen Grund, warum Menschen auf Feiern plötzlich Karaoke singen, die sonst nicht mal im Auto mit summen würden.
Für das Verständnis von Lampenfieber ist das hochinteressant. Denn es zeigt Dir, wie viel Deiner Nervosität auf inneren Bewertungsprozessen beruht. Auf dieser permanenten Selbstbeobachtung: „Wie wirke ich?“, „Was denken die anderen?“, „Was, wenn ich mich verspreche?“ Wenn diese innere Kontrollinstanz ausgeschaltet wird, tritt spontanere, authentischere Handlung an ihre Stelle.
Natürlich ist Alkohol weder Werkzeug noch Lösung. Aber der Gedanke dahinter zählt: Wenn Du lernst, die innere Bewertungskaskade zu stoppen, verliert das Lampenfieber seine Macht.
3. Freiwillige Peinlichkeit – ein bewusst gesetzter Kontrollbruch
Der dritte Tipp ist der wirksamste – und gleichzeitig der harmloseste. Er besteht darin, bewusst etwas zu tun, das Dir unangenehm ist. Öffentlich. Sichtbar. Ohne Fluchtoption. Nicht, weil Du es „musst“, sondern weil Du Dir selbst beweisen willst, dass Du es kannst.
Viele Menschen scheuen sich zum Beispiel davor, Karaoke zu singen. Nicht, weil es gefährlich wäre, sondern weil es sie exponiert. Sie stehen im Mittelpunkt, sind angreifbar, hörbar, sichtbar. Genau deshalb ist Karaoke ein fester Bestandteil meines Lampenfieber-Bootcamps: Du stehst auf einer echten Bühne, vor echten Menschen, und tust etwas, das Du sonst vermeiden würdest. Es ist ein kontrollierter Kontrollverlust – und eine Erfahrung, die Dich stärker macht.
Wenn Du einmal gespürt hast, dass Du eine peinliche Situation überstehst, ohne dass die Welt untergeht, verändert sich Deine innere Haltung zu öffentlichen Auftritten. Dein Nervensystem versteht: „Ich halte das aus.“ Und dieser Satz ist einer der wichtigsten im Kampf gegen Lampenfieber.
Warum diese Extremtipps funktionieren
Alle drei Tipps zeigen Dir auf unterschiedliche Weise dasselbe Grundprinzip: Lampenfieber entsteht durch innere Spannung, durch den Versuch, ein Bild aufrechtzuerhalten, durch Kontrolle, durch die Angst vor möglicher Bewertung. Je mehr Du diese Mechanismen verstehst und durchbrichst, desto souveräner wirst Du auftreten.
Es geht nicht darum, Dich bloßzustellen, sondern darum, Dich innerlich zu befreien.
Wenn Dich das ausführliche Video zu diesen drei Tipps interessiert, findest du es direkt hier unter dem Text.