Lampenfieber ist Kontrolle – Gib sie ab und Du bekommst Freiheit

Akzeptanz. Großes Wort. Hohes Ziel. Wenn mir früher jemand erzählen wollte, dass es wichtig sei, dass ich „Akzeptanz“ lerne, hielt ich das immer für esoterisches Geschwafel. Tja, und im letzten Blogartikel habe ich selber über die Akzeptanz von Lampenfieber geschrieben. Wie passt das zusammen?

In erster Linie hat das mit meiner Erkenntnis zu tun, dass Akzeptanz nicht automatisch bedeutet, dass Du Dich in kalten Räumen auf unbequeme Körnerkissen knien und für mindestens eine Stunde die Klappe halten musst (und ich weiß wovon ich spreche, ich hab’s ausprobiert, ist nicht meins). Es bedeutet auch nicht die in unserer westlichen Kultur oft falsch verstandene Gegenwartsorientierung, den Zen des Buddhismus. Die meisten christlich geprägten Menschen meinen, dass sie im Buddhismus immer brav und still jeden Mist akzeptieren müssen, weil es ja alles sein darf und das ja das übliche Leid auf dem Pfad der Erleuchtung sei. Und dann sitzen sie da und versuchen, über dem Scherbenhaufen ihres Lebens zu meditieren und darin die Erleuchtung zu finden, anstatt aufzustehen und ihre Probleme anzupacken. Daran siehst Du sehr schön, wie die jahrhundertelange Prägung durch die katholische Kirche tiefe Spuren bei uns hinterlassen hat, auch wenn wir vielleicht selbst gar keine praktizierenden Christen (mehr) sind.

Ich will Dir was verraten. Akzeptanz hat nichts mit dem blinden Abnicken von jedem Unsinn zu tun, der Dir widerfährt. Wenn Dir etwas passiert, was in Dir unangenehme Gefühle auslöst, dann ist das erstmal so. Punkt. Es nicht zu akzeptieren wäre eine Verweigerung der Realität. Genau so real sind aber auch Deine Gefühle in dem Moment, und wenn Du Dich ärgerst, dass da etwas nicht so gelaufen ist, wie Du es Dir vorher erhofft hast, dann ist eben auch Dein Ärger Teil Deiner Realität. Also unterdrück‘ das Gefühl nicht, denn genau damit würdest Du einen inneren Konflikt erzeugen. Der Ärger will raus, er braucht ein Ventil, sonst platzt Du irgendwann. Vielleicht nicht so, dass Deine Tapete hinterher ruiniert ist, aber im übertragenen Sinn. Wenn Menschen zu lange ihre Gefühle unterdrücken werden sie häufig krank, meistens sind es psychische Störungen oder  Autoimmunkrankheiten. Also lass das Gefühl raus, gib Dich Deinen Emotionen voll hin, danach ist es aber auch gut. Halt Dich nicht daran und vor allem nicht an dem schlechten Gesamtzustand, den Dir das bereitet, fest.

Und was, wenn es ein Gefühl ist, das Dich nur behindert, das Du in Deiner Realität gar nicht haben willst? Ein Gefühl, das in bestimmten Situationen immer wieder kehrt, vielleicht schon bevor die Situation überhaupt eingetreten ist, also eigentlich noch gar nicht klar ist, ob es einen Grund für das Gefühl gibt? Lampenfieber ist auch so ein Gefühl. Schon beim Gedanken daran, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, wird Dir ganz anders, obwohl Du in dem Moment vielleicht noch ganz zurückgezogen irgendwo sitzt und Dich vorbereitest. Trotzdem ist das Gefühl da und damit Teil Deiner Realität. Wenn Du versuchst, es zu unterdrücken wird es dadurch nur noch stärker, also lass es zu, dass das Gefühl kommt, nimm es an, betrachte es, hör ihm zu, vielleicht hat es etwas zu sagen und Du wirst merken, dass es dadurch vielleicht nicht weggeht aber sehr viel leichter wird. So weit, so gut, so schlau warst Du nach dem letzten Blogartikel auch schon. Aber wie wirst Du es los? Wo ist der Ausgang aus der Schleife? Hier ist der Punkt um den es eigentlich geht: Es geht um Kontrolle.

Warum hast Du Lampenfieber? Weil Du Angst hast, etwas falsch zu machen? Weil Du Angst hast, zu versagen? Angst vor einem Blackout, vor einem Patzer, einem Missgeschick, einer Peinlichkeit, oder einfach nur davor, dass Dich alle anstarren? Wie sich die Angst für Dich anfühlt kann sehr unterschiedlich sein, aber eines haben all diese Ängste gemeinsam. Im Kern hast Du Angst davor, die Kontrolle zu verlieren. Kontrolle über das Publikum, Kontrolle über die Technik, Kontrolle über das Wetter, wenn es draußen stattfindet und schließlich auch die Kontrolle über Dich selbst. Tja, und nun kommt die bittere Wahrheit. Kontrolle ist eine Illusion!

Du kannst nichts von alledem kontrollieren! Das Publikum kann einen schlechten Tag haben, in der Technik ist irgendwo der Wurm drin und über das Wetter brauchen wir ja nicht zu reden. Was ist mit der Selbstkontrolle, denkst Du jetzt wahrscheinlich, mich selbst kann ich doch kontrollieren. Ja und nein. Natürlich hast Du als gesunder Mensch weitestgehend Kontrolle über Deine Handlungen. Wenn Du es übst und durch Coaching und Seminare an Deiner Persönlichkeit arbeitest, dann kannst Du bis zu einem gewissen Grad auch Deine Gefühle kontrollieren. Trotzdem wirst Du nie eine hundertprozentige Selbstkontrolle erreichen, genau so wie Erleuchtung nur ein Ziel ist, auf das Du hinarbeitest. Es ist ein Weg, den Du gehst, und manche kommen auf diesem Weg etwas weiter, andere eben nicht so. Noch so eine Illusion, die mit dem uns anerzogenen Wettbewerbsdenken zusammenhängt. Es geht nicht darum zu gewinnen, es geht darum, dabeizusein. Wie bei Olympia.

[Tweet „Der Weg zur Erleuchtung ist wie Olympia – dabeisein ist alles.“]

Der Akzeptanz-Begriff, von dem ich spreche, ist also nicht das Gegenteil von Rebellion und bedeutet auch nicht blinde Unterwürfigkeit. Die Akzeptanz, die ich meine, ist das Gegenteil von Kontrollzwang. Auch wenn Du mit den Apps auf Deinem Smartphone Deine Lampen an- und ausmachen, Musik ins Badezimmer streamen und den Inhalt Deines Kühlschranks überprüfen kannst, verabschiede Dich von dem Gedanken, alles kontrollieren zu wollen und zu können. Dein Leben wird dadurch sehr viel entspannter werden und Du gehst einen großen Schritt auf dem Weg zur Freiheit.

Wenn Dir das noch Schwierigkeiten bereitet und sich der Gedanke daran fremd anfühlt, kann ich Dich beruhigen, das ist ganz normal Du stellst ja gerade auch etwas in Frage, was in Deinem Leben bisher mehr oder weniger entscheidend war, weil es Dir von klein auf eingebläut wurde (Haltung bewahren, Disziplin usw.). Aber es ist wie in allen Dingen, der erste Schritt ist immer der schwierigste, und wenn Du einmal auf dem Weg bist, dann fühlt es sich schon richtig gut an. Du glaubst, Du schaffst das nicht allein? Kein Problem, melde Dich bei mir, und wir sprechen darüber, wie ich Dich ein Stück auf Deinem Weg begleiten kann. Ich freue mich darauf, von Dir zu hören!