Mut zur Ehrlichkeit

(Pf)Authentizität war das Stichwort des letzten Blogartikels, darin ging es um natürliches Auftreten, bei dem Du Dich nicht verstellst, sondern Dein Inneres und Dein Äußeres in Gleichklang bringst (der Begriff für diesen Gleichklang heißt Kongruenz).

Das klingt in der Theorie erst mal ziemlich einfach, so, als bräuchtest Du Dein äußeres Handeln einfach an Deinen inneren Gedanken und Gefühlen zu orientieren und schon bist Du authentisch. Ist es prinzipiell auch, allerdings kann es sein, dass sich etwas in Dir wehrt, wenn Du plötzlich mit Deinem Äußeren genau das sagen und tun möchtest, was Du in Deinem Inneren denkst und fühlst.

Ich gebe Dir ein kleines Beispiel. Ich war letztens in einem Einkaufszentrum unterwegs und habe mir an einem Stand einen frisch gepressten Saft geholt. Eigentlich hatte ich meine Einkäufe schon erledigt, aber als ich an einem bestimmten Laden vorbeiging fiel mir ein, dass ich ja doch noch etwas besorgen wollte und zwar genau dort. Also bewegte ich mich Richtung Eingang, kam jedoch gar nicht dazu, den Laden zu betreten, denn plötzlich stand ein Schrank von Security-Typ vor mir und raunzte: „Sie können hier nicht mit Becher rein.“

Bevor ich Dir die kleine Geschichte zu Ende erzähle, überleg‘ erst mal, wie Du reagiert hättest. Und davor überleg mal, wie Du Dich gefühlt hättest, und welche Wörter, Sätze und Handlungen Dir durch den Kopf gegangen wären. Wenn Du jetzt einen Unterschied erkennst, in dem was in Deinem Inneren abgelaufen wäre und wie Du Dich im Außen verhalten hättest, dann weißt Du jetzt, dass Du in dieser Situation nicht authentisch gewesen wärst.

Du könntest zu dem Security natürlich sagen: „Ja, Sie haben ja völlig recht, entschuldigen Sie bitte.“ und Deinen Saft brav am Eingang austrinken bevor Du reingehst. Oder Du antwortest ihm: „Alles klar, Alter…“ und gehst einfach an ihm vorbei, woraufhin er Dich mit ziemlicher Sicherheit aus dem Laden werfen wird.

Und was ich gemacht habe? Nun, ich habe das nach außen kommuniziert, was in diesem Moment in meinem Inneren vorging. Es hat den Security etwas irritiert, weil er mit dieser Antwort nicht gerechnet hat, aber keine Sorge, er hat es verkraftet. Ohne zu zögern antwortete ich auf sein „Sie können hier nicht mit Becher rein.“ wie aus der Pistole geschossen: „Dann kaufe ich hier auch nicht ein, dann behaltet euren Scheiß.“

Das schöne daran, wenn Du kongruent handelst, ist, dass das Thema nach Deiner Reaktion für Dich erledigt ist. Dabei ist es völlig egal, wie Deine Reaktion ausfällt, so lange das Innere und das Äußere im Gleichklang sind. Frustrierend wird das Ganze erst dann, wenn Du anders reagierst als Du es eigentlich wolltest. Wenn Du den zurückhaltenden, braven Jungen spielst, obwohl Dir danach ist, Deine Meinung zu sagen, wirst Du Dich den ganzen Rest des Tages darüber ärgern. Dieser Ärger staut sich an und Du lässt ihn dann am Partner, an Freunden oder einem Familienmitglied aus.

Also, alles raus, was keine Miete zahlt, Ärger, Unmut und Zickereien werden nicht besser, wenn wir sie in uns hineinfressen. Das gleiche gilt übrigens auch für positive Gefühle und Gedanken. Wenn Du auf der Straße jemanden siehst, der Dir gefällt, sag es der Person. Ganz ohne Hintergedanken, einfach so als Geschenk. Diese Person wird sich wahnsinnig darüber freuen und Du wirst ihr damit den Tag versüßen.

Ich weiß schon, was Du jetzt sagen wirst. „Aber das macht man doch nicht.“ Und wer hat Dir das beigebracht? Und ist alles immer richtig gewesen, was sie Dir gesagt haben? Und bist Du heute noch im gleichen Alter und in der gleichen Lebenssituation wie damals, als Du das gelernt hast? Siehst Du.

Versteh‘ mich richtig, ich bin ein großer Freund von Höflichkeit und guten Umgangsformen (nicht „weil man das so macht“, sondern weil es dem Gegenüber Wertschätzung vermittelt), aber noch mehr bin ich ein Freund von Ehrlichkeit. Ehrlichkeit ist auch die größte Wertschätzung, die wir jemandem entgegenbringen können. Sie zeigt, dass wir bereit sind etwas von uns preiszugeben, was uns vielleicht in diesem Moment komisch wirken lässt oder uns bei dieser Person unbeliebt macht, aber wir sind bereit dieses Risiko einzugehen, weil wir dieser Person nicht mit einem falschen Lächeln ins Gesicht lügen wollen. Und gleichzeitig zeigt es auch unsere Wertschätzung uns selbst gegenüber, weil wir uns nicht aus Angst vor einer ablehnenden Reaktion verstellen und vor unserem Gegenüber eine Maske aufsetzen, nur damit dieses uns (vielleicht) mag.

Also sei ehrlich zu Dir selbst und kommuniziere das nach außen – loud and proud! Und wenn das jemandem nicht gefällt, dann ist das völlig OK, dann wärt ihr so oder so nicht die besten Freunde geworden, denn wenn jemand Dich nicht mag, wie Du wirklich bist, passt er auch nicht zu Dir. Also sie mutig, sei ehrlich. Du wirst sehen, das bringt Spaß!

In einem der nächsten Newsletter verrate ich Dir übrigens einen Trick, wie es Dir viel leichter fallen wird so ehrlich zu sein. Kann nämlich sein, dass es da noch eine kleine Hürde zu überwinden gibt. Also trag‘ Dich gleich ein, damit Du den Tipp auf gar keinen Fall verpasst!

Ich freue mich auf Dich!